Der Kanaan gehört zu den wenigen noch existierenden Hunderassen von primitivem Typ. Sie sind etwas größer als Schakale, also das, was man einen mittelgroßen Hund nennt, wobei die Rüden meist größer als die Hündinnen sind. Ihr Kopf erinnert an den der Wildhunde - keilförmig, mit sehr beweglichen Stehohren, die etwas schräg angesetzt sind und dunklen, intelligenten, mandelförmigen Augen. Der Körper ist quadratisch, der buschige Schwanz wird über den Rücken gerollt getragen. Der Kanaan bewegt sich schnell und kraftvoll. Das Fell ist mittellang und dick, als Schutz gegen die rauhen Wetterverhältnisse in der Wüste, in sandfarben, golden bis rotbraun, weiß, schwarz, schwarz-weiß, braun-weiß. Unerwünscht ist grau, gestromt und dreifarbig.
Die Kanaans gehören zur Gruppe der Paria-Hunde, die im gesamten afrikanisch-asiatischen Raum zu finden sind. Sie leben in der Nähe menschlicher Siedlungen, von Menschen geduldet, aber nicht gefördert oder gefüttert. Naturvölkern sind sie nützlich als Vertilger jeglichen organischen Abfalls. Noch heute leben Kanaans in Rudeln in der Wüste. Brauchen Beduinen einen Wachhund für ihr Lager oder einen Hütehund für ihre Schafe, suchen sie eine wildlebende Hündin, die in einer Höhle ihre Welpen aufzieht, werfen ihr ab und zu ein Stück Brot hin, bis sie den stärksten Rüdenwelpen ausgewählt haben, der künftig ihr Lager bewachen wird.
Kynologisch gehören die Paria-Hunde zur Spitz-Familie, der ältesten Hundefamilie der Welt. Jahrtausendealte Felszeichnungen zeigen solche Hunde als Jagdgehilfen. Im Laufe der Zeit paßte sich der Urtyp des Spitzes der Situation seiner jeweiligen Umgebung an. Der Kanaan-Hund ist die weiterentwickelte Form des Spitz-Types in dem Gebiet, das heute Israel heißt. Da er sich über lange Zeit nur durch natürliche Auslese entwickelt hat, überlebten nur die stärksten und intelligentesten Exemplare seiner Art, die dem schwierigen Leben in der Wüste gewachsen waren. Die Kanaans besitzen immer noch starke Überlebensinstinkte, was sie zu intelligenten, unabhängigen und eben auch sehr vorsichtigen Hunden macht.
Zeichnungen von Hunden im Felsengrab von Chum-hotep II; “Bürgermeister von Menat Chufu” und “Gaufürst der Ostwüste” bei Beni Hassan in Ägypten
Die Rasse der Kanaans ist von wildlebenden Paria-Hunden rückdomestiziert worden, und zwar von Rudolphina Menzel, einer Hundeverhaltensforscherin und Kynologin, die in den 30igern aus Wien nach Palästina emigriert war. Als die Hagana sie bat, Hunde für militärische Zwecke auszubilden, wollte sie zunächst Rassen dafür benutzen, die ihr aus Europa vertraut waren. Aber sie merkte bald, daß diese Rassen große Probleme mit dem rauhen Klima hatten. Sie beobachtete die einheimischen Hunde, die gut mit dem Klima zurecht zu kommen schienen. Sie fand sie sowohl in der Wüste als auch bei den Beduinen und Drusen als Hütehunde und Bewacher der Lager. Sie nahm einige zu sich nach Hause und war überrascht, wie leicht sie sich domestizieren und ausbilden ließen. Sie waren lebhaft und anhänglich. Prof. Menzel nannte sie Kanaan-Hunde nach dem biblischen Land Kanaan und setzte sich dafür ein, daß sie als Rasse anerkannt wurden.
Alte Karte vom Land Kanaan
Bildausschnitt des Sarges von General Sepa (Oberbefehlshaber des Heeres des 15. oberägyptischen Gaues), es zeigt den Verstorbenen mit seinem Hund
Rekonstruiertes Bild der Hundestele aus dem Saff-Grab von el-Tarif des Pharaos Antef II. Wahanch (Herrscher der oberägyptischen Gaue 1 bis 7 und dem Gebiet um Abydos), es zeigt den Herrscher in Begleitung von 5 Hunden mit libyschen Namen
Rassestandard, wie Rudolfina Menzel ihn Ende der 50iger Jahre aufgestellt hat und wie er bis heute so gut wie gar nicht verändert wurde.
Rudolfina Menzel (Hundeausstellung in Kiriat Chaym [Israel 1967] - das Foto ist von Illa Briman)
Allgemeine Erscheinung des Kanaans: ein mittelgroßer, kräftiger, quadratischer Hund, nahe dem Wildhundtyp.
Gewicht und Größe: zwischen 50 und 60 cm hoch, Rüden gewöhnlich erheblich größer als Hündinnen. Gewicht: 18 bis 25 kg.
Kopf: gut proportioniert und edel, keinesfalls schwer und plump, aber auch nicht zu leicht. Der Kopf sollte keilförmig sein, von mittlerer Länge.
Ohren: ein kurzes, relativ breites Stehohr, niedrig angesetzt, so dass es etwas schräg nach außen steht (nicht hoch angesetzt und lang wie beim Schäferhund).
Augen: etwas schräg gestellt, möglichst dunkel, unpigmentiertes drittes Augenlid erlaubt, aber nicht erwünscht.
Farbe: sandfarben bis rotbraun, weiß, schwarz. Große weiße Abzeichen sind nicht nur bei allen Farben erlaubt, sondern erwünscht. Schecken aller Art erlaubt, ebenso weiße oder schwarze, möglichst ebenmässige Masken. Unerwünscht ist grau und dunkelbraun, gestromt und dreifarbige Hunde.
Fell: mittellanges Stockhaar, Unterwolle entspricht der Jahreszeit. Die Rute, hoch angesetzt, soll möglichst buschig behaart gerollt über den Rücken getragen werden. Kurzhaarige und ausgesprochen Langhaarige sind nicht erwünscht.
Zähne: Scherengebiß erwünscht, Zangengebiß erlaubt, Prämolarverlust absolut fehlerhaft, ebenso Vor- und Überbeißen.
Nase: erwünscht natürlich dunkel pigmentiert, Schneenase erlaubt, aber nicht erwünscht.
Füße: Vorderläufe absolut gerade, mittelstarke Knochen, breite Spunggelenke, Unterschenkel leicht befedert, Pfoten möglichst rund und gewölbt. Harte Ballen.
Gangwerk: kurzer, aber natürlicher Trab.
Charakter: aufmerksam, misstrauisch, gegen Fremde manchmal aggressiv, aber keineswegs ein Kampfhund. Seine Wachsamkeit betrifft nicht nur fremde Menschen, sondern auch Tiere (Herdenhundtradition), dem Herrn gegenüber ein selbstbewusster, loyaler Partner. Sehr territorial an seinen Heimbezirk gebunden, keine Neigung zum Streunen.
Allgemeine Bemerkung: Besonderes Gewicht muß auf die Punkte gelegt werden, die den Canaan-Dog vom Deutschen Schäferhund, dessen n i c h t hochgezüchteter Form er manchmal ähnelt, unterscheiden: quadratische Körperform, Lendenpartie kurz, Vorhand hoch aufgerichtet, Nachhand weniger gewinkelt, der Hals möglichst edel, Rute in Erregung über den Rücken geringelt, der Trab ist kurz.
Zusatz von Myrna Shiboleth: Er sollte weder zu schwer noch zu feinknochig sein, sondern einen wohlproportionierten Hund von mittlerer Knochenstärke darstellen. Je kleiner und leichter ein Tier ist, desto weniger Futter und Wasser benötigt es. Es ist schneller bei der Flucht, entkommt leichter Gefahren und findet eher ein Versteck.
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